Was genau versteckt sich hinter dem Begriff «Mind-Body-Medizin»? fragen mich des Öfteren Mitmenschen. Ist das wieder so eine neue Lifestyle-Therapieform? Was genau macht man da? Ganz einfach meine Antwort: Dein Leben neu ordnen, auf allen Ebenen des Seins. Besonders hilfreich bei chronischen Beschwerden und psychosomatischen Leiden, die regelmässig in der Praxis auftauchen. Nur viel zu oft hat der Hausarzt nicht die nötige Zeit um sich umfassend mit seinem Gegenüber zu beschäftigen. Genau hier kann die MBM eine Hilfe sein!

mind body medizin 1 - Mind-Body-Medizin (MBM): Die moderne Ordnungstherapie

Aus traditioneller Ordnungstherapie mach Mind-Body-Medizin

Ordnungstherapie hat in der Naturheilkunde eine lange Tradition. Bei Hippokrates war es die Diaita. Dann kamen Pfarrer Sebastian Kneipp und Dr. Bircher-Benner mit den Konzepten für die «Ordnungstherapie». Anfang 2000 wurde dann offiziell der Begriff «Mind-Body-Medizin» vom National Center for Complementary and Integrative Health (NCCIH; US Regierungsbehörde) eingeführt und beschrieben was alles zur Ordnungstherapie zählt. 1

Auch in vielen deutschsprachigen Kliniken wird seit dem Mind-Body-Medizin genutzt und umgesetzt. Wobei insbesondere die Klinik Essen-Mitte die traditionell-europäische Naturheilkunde zusammen mit modernen verhaltenstherapeutischen Massnahmen kombiniert und daraus nun ein gutes, modernes Ordnungstherapie-Konzept erarbeitete. Dieses lässt sich in Teilen durchaus auch in einer Praxis umsetzen. 2

Der Tempel der Gesundheit nach dem Essener-Modell

Tempel der Gesundheit: Bewegung, Entspannung, Atmung, Ernährung, Selbsthilfe

Die Ansätze richten sich nach der Salutogenese von Antonovsky. Dabei geht es vor allem darum, dass es zwischen Gesund und Krank ein Spektrum gibt. Man kann lernen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen zu leben und damit Schmerzen zu lindern. Damit ist der Tempel der Gesundheit Teil einer modernen, integrativen Medizin. 3

Die 5 Säulen der Mind-Body-Medizin

Das Modell wird durch die 5 Säulen getragen, welche sich teilweise nach Kneipp orientieren:

  • Aktive und passive Bewegung: Wandern, Feldenkrais, Treppensteigen, Massagen, Kneippen
  • Entspannung: Achtsamkeit (MBSR), Körperwahrnehmung, Meditation, PMR nach Jacobsen, Bio-/Neurofeedback, Innere Haltung und Dialog (Stoizismus), Bioenergetik nach W. Reich
  • Atmung: Atmen müssen wir alle, machen es jedoch selten bewusst und aktiv
  • Ernährung: Was esse ich? Aber auch wie und wo esse ich? Was für Gedanken habe ich zum Essen? Welches Körperbild nähre ich?
  • Selbsthilfe: Einfache Übungen für zu Hause, Förderung der Selbsterkenntnis, psychotherapeutische Interventionen, Resilienz

Das tragende Dach des Tempels

Doch ohne ein Dach geht es nicht. Viel zu oft stehen chronische Erkrankungen im Zusammenspiel mit Beruf, Familie, Beziehungen, Wünsche und auch die Suche nach dem Sinn. Somit erhalten auch der Glaube und die Spiritualität ihren Platz in der MBM. Dabei geht es nicht um eine bestimmte religiöse Ausrichtung, sondern schlicht um die eigene Wahrnehmung der geistigen Welt oder auch menschlichen Natur und deren Werte.

Vieles davon war bei unseren Vorfahren noch unter dem Begriff «Tradition» zusammengefasst. Heute durch die beschleunigte, technologisierte Lebensweise muss man viele kleine Dinge ganz bewusst und achtsam wieder ins eigene Leben integrieren. Wir haben verlernt auf unsere innere Stimme zu hören.

Achtsamkeit oder innere Haltung? Ferner Osten oder europäische Kultur!

In den letzten Jahren hat sich vor allem das Modell der «Achtsamkeit nach Jon Kabat-Zinn» in die Ordnungstherapie der traditionell-europäischen Naturheilkunde (TEN) eingeschlichen. Aber auch in der TEN ist eine solche innere Haltung bekannt. Das Wissen dazu reicht in die griechische Antike der Stoiker zurück und wurde später von den beiden Humanisten Martin Buber und Meister Eckhardt von Hochheim (die schöpferische Trinität – Gnosis; in Bezug zu Platon) 4 übernommen. Dabei geht es um eine absichtslose Offenheit der Natur, anderen Lebewesen und sich selber gegenüber. Dafür braucht es Mut, Selbstdisziplin und innere Stärke. Zudem fördert es die eigene Selbsterkenntnis.

MBM: Wissenschaft oder Humbug?

Sobald das Thema Glaube, Spiritualität und Selbsterkenntnis angesprochen wird, stehen oft Gegensätze im Raum. Für die einen ist es Unfug und Placebo – für die anderen eine Lebenseinstellung. Es ist schlussendlich eine persönliche Entscheidung. Deshalb überlasse ich dazu erstmal das Wort Herrn Prof. Dr. Gustav Dobos, Direktor der Klinik Essen-Mitte für Naturheilkunde und integrative Medizin:

Vortrag «Integrative Medizin – Medizin der Zukunft», Prof. Dr. Gustav Dobos, .

Der Telomer-Effekt – Nobelpreisträgerin Dr. E. Blackburn

Ebenfalls spannend dazu sind die Forschungen von Prof. Dr. Elizabeth Blackburn. Sie konnte anhand des sogenannten Telomer-Effekts auf der Zellebene beweisen, dass unsere DNA durch Mind-Body-Medizin veränderbar ist und damit sogar die Zellalterung reduzieren lässt. Dafür bekam sie 2009 den Nobelpreis in Medizin! 5

Epigenetische Veränderungen

Aber genauso wie man die Zellalterung reduzieren kann, lässt sich die Zellalterung durch chronischen Stress, fehlende Liebe, Pestizide oder ungesunde Lebensweise verstärken. Nicht zu vergessen, dass diese Zellinformationen auch auf ein ungeborenes Kind vererbt werden. Ja – auch die Psyche und schwerwiegende Traumata werden an die nächste Generation weiter gegeben. Sichtbargemacht durch epigenetische Forschungen insbesondere bei Krebs-Erkrankungen. 6

Wo liegen die medizinischen Stärken der MBM?

Der Hauptschwerpunkt liegt vor allem bei chronischen und psychosomatischen Erkrankungen. Welche in unserer modernen Lebensweise immer öfter anzutreffen sind. Wir leben durchschnittlich viel länger, als noch unsere Vorfahren. Doch mit zunehmendem Alter, tauchen körperliche und psychische Veränderungen auf, die man nicht einfach mal mit einer Pille oder dem Chirurgenmesser weg bekommt. Sondern man muss lernen mit den Einschränkungen zu leben und achtsam mit sich umgehen. Und hier liegen die Stärken der Mind-Body-Medizin. Die Gesundheit liegt also bis zu einem gewissen Grad durchaus in unseren eigenen Händen!

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